Mittwoch, 29. März 2017

Die Coins und ich

Bei "coins" denkt man in unserem Geschäft meist an etwas ganz anderes als an dass, womit ich es vor ein paar Jahren zu tun bekam. Der Projekttitel lautete in etwa "Aufbau einer Bitcoin-Mine". Ich dachte dabei zunächst an ein Bergwerk oder etwas ähnliches, halt das, was man sich gemeinhin unter einer Mine vorstellte. Normalerweise gibt es für Mining-Projekte Spezialisten, so war ich schon verwundert, als mein Boss mich zu einem entsprechenden Meeting einlud.


Beim sichten der ersten Unterlagen wurde klar, dass es wohl nicht um ein Bergwerk, sondern um eine Art Rechenzentrum ging. Also vielleicht ein Rechenzentrum für ein Bergwerk? Ich wurde schnell belehrt: Bitcoins sind eine Art elektronischer Währung. Sie entstehen dadurch, dass jemand dem Bitcoin-Kollektiv (also faktisch dem Netzwerk aller Nutzer dieser Währung) einen Nachweis erbringt, dass er eine bestimmte Menge an Rechenleistung seiner Computer aufgebracht hat. Dafür bekommt er die Bitcoins sozusagen als Belohnung. Da man natürlich mehr Bitcoins errechnen kann, wenn man mehr Computer hat, entstanden in den vergangenen Jahren immer größere und Professioneller Bitcoin-Rechenzentren, die eben Minen genannt werden.


So könnte es in einer Bitcoin-Mine aussehen
Da diese Bitcoin-Minen für die Betreiber, die Miner, eine große Investition darstellen und die errechneten Bitcoins schnell viele Millionen Dollar wert sein können müssen die Miner ihre Minen schützen. Neben den allgemeinen Regeln des Risikomanagements für Rechenzentren generell kommt hier noch der Aspekt dazu, dass die Minen nicht an einen bestimmten Ort gebunden sind und deshalb dort gebaut werden, wo man günstigen Strom bekommen kann, denn das ganze Rechnen braucht viel Energie.


Solche Orte gibt es weltweit einige, aber manche davon sind nicht gerade so sicher, als dass man dort für Millionen von Dollar EDV-Komponenten aufstellen will. Also macht man das dort, wo generell wenig los ist. So ein Ort ist z.B. Island. Also reisten wir nach Island und kämpften dort mit dem Wetter und mit einigen Fragestellungen, die sich eben daraus ergeben, dass dort wenig los ist. So werden im Notfall die Hilfsdienste wie Feuerwehr und Polizei sicher eine Zeit länger brauchen als in Frankfurt am Main. Auch müssen gewisse Vorkehrungen für Ausfälle beachtet werden, denn nicht nur die bösen Buben brauchen länger bis da hin, sondern auch der Paketdienst mit den wichtigen Ersatzteilen.


Das Projekt war am Ende sehr interessant, auch wenn es zunächst weit Abseits von meinem Vorstellungs-Horizont lag. Seitdem beschäftige ich mich auch etwas näher mit der Kryptowährung Bitcoin. Eher zum Spaß, als um damit ernsthaft zu investieren und Geld zu verdienen, der Gedanke, eine von den Zentralbanken unabhängige, weitgehend anonyme Währung zu nutzen fasziniert mich dennoch.


Um einzusteigen braucht es zunächst eine elektronische Geldbörse, Wallet genannt. Die kann man als Software auf seinem PC oder Smartphone nutzen oder man bedient sich eines Dienstleisters, wie etwa Coinbase. Dort kann man auch seine ersten Bitcoins erwerben, indem man traditionelles Geld (so genannte Fiat-Währung) eintauscht.


Um Bitcoins zu verdienen, kann man auch selbst zum Miner werden. Man braucht dafür nicht unbedingt ein so großes Rechenzentrum wie dass, welches ich hier beschrieben habe. Allerdings kostet die Hardware für zuhause schon ein paar Euro und natürlich braucht die auch daheim Strom. Man muss also schon ernsthaft rechnen, ob sich das lohnt. Meist eher nicht. Eine andere Möglichkeit wäre dann das Cloud-Mining, dabei erwirbt man Anteile an der Rechenleistung der großen Bitcoin-Minen. Das kann sich eventuell schon eher lohnen, weil man sich den gesamten Overhead mit vielen anderen Anlegern teil. Ein Anbieter für das Cloud-Mining ist z.B. Genesis Mining.


Natürlich gibt es unzählige weitere Arten, um Bitcoins zu verdienen, viele davon sind nicht unbedingt seriös und die allermeisten sind, in Releation zum Verdienst, unglaublich aufwändig. freebitco.in ist am ehesten mit einer Art Casino zu vergleichen, bei Seiten wie BitForClicks bekommt man dafür, dass man bestimmte Anzeigen anklickt, eine minimale Belohnung im Wert von Bruchteilen eines Cent.



Dienstag, 28. März 2017

Auto fahren in Afghanistan

Übliches Fortbewegungsmittel auf der Ring-Road, 2007
Bild: Koldo Hormaza  - Flickr, CC BY-SA 2.0
Auto fahren im Ausland ist ja immer eine gewöhnungsbedürftige Sache. In arabischen Ländern oder in Griechenland und den ehemaligen Sowjetstaaten kommt noch dazu, dass man die Straßenschilder eventuell nicht lesen und Ortsnamen dann nur optisch erkennen kann, wenn man sie schon ein paar mal gesehen hat.

Im Jahr 2007 durfte ich meine erste Autofahrt in Afghanistan machen. Im Grunde genommen nicht sehr weit und auch ein einem recht sicheren Gebiet, aber dennoch mit unseren "Beschützern" und ein bisschen nach den Regeln des taktischen Fahrens, also eben nicht einfach nur geradeaus und dabei die Landschaft betrachtet.

Womit ich nun überhaupt nicht gerechnet hatte waren, neben dem Fahrstil der Einheimischen und vor allem der Ausländer, die "sonstigen" Verkehrsteilnehmer, vom Eselsfuhrwek bis zum Handkarren, vereinzelt rumstehenden Kamelen bis zu einer Herde Ziegen. Letztere war dann der Oberhammer: Taktisches Fahren, nicht irgendwo anhalten oder gar die Route wechseln, dafür interessieren sich die gefühlten zweihundert Tiere rein gar nicht. Plötzlich steht die ganze Kolonne aus drei Fahrzeugen mitten drin, und nix geht mehr vor und zurück.

Nach einiger Zeit konnten wir uns dann wieder in Bewegung setzen, und nur ein paar hundert Meter weiter, als wir die "Hauptstraße" (eigentlich nur eine Art befestigter, breiter Weg aus verdichtetem Lehm) verließen um zur Baustelle abzubiegen, kamen wir sprichwörtlich in "nächste Level". Mensch und Material wurden auf dem unbefestigten Pfad, der gerade breit genug war damit ein Pick Up darauf passte, bis ans äußerste beansprucht. In den Schlaglöchern hätte man sicher teilweise ein Feuer machen und eine der genannten Ziegen von vorhin darin grillen können.

Meine Augen wurden dann aber erst richtig groß, als wir die Baustelle erreichten. Dort standen neben einigen der üblichen Toyota Hilux-Pick Ups auch einige größere LKW, ein ziemlich großer Bagger und ein Kran. Ich weiß bis heute nicht, wie die da hin und wieder zurück gekommen sind. Aber die Fahrer waren sehr entspannt und spielten im Schatten Karten, während die LKW beladen wurden. ich dagegen war komplett durchgeschwitzt und fertig mit den Nerven. zum Glück gewöhnte ich mich rasch daran und hatte später eher wieder Probleme, mich im deutschen Stadtverkehr zurecht zu finden.

Montag, 27. März 2017

Wiedersehen nach Jahren

Osmanische Brücke bei Gjakova im Südwesten des Kosovo,
Bild: Julian Nitzsche, CC-BY-SA 3.0
Meist sehen wir in unserem Geschäft unsere Gesprächspartner, mit denen wir irgendwo auf der Welt ein Geschäft vorbereitet haben, nie mehr wieder. Die "Jugoslawien-Kriege", von denen ich mangels Lebensalter glücklicherweise nur noch die Nachwehen "on the job" miterlebte, brachten es aber mit sich, dass wir unser Gegenüber manchmal auch schneller wieder trafen als es uns teilweise lieb war. Das lag zum einen an der relativen räumlichen Nähe, zum anderen an der schlechten wirtschaftlichen Situation in Ex-Jugoslawien, die viele Menschen nach Mitteleuropa trieb um dort zu arbeiten.

Bei einem Infrastrukturprojekt im Kosovo, nahe der albanischen Grenze, hatten wir einen so genannten "Sprachmittler" namens Mile. Aufgrund seines stämmigen Äußeren (hoch wie breit) wirkte er sehr "kompakt" und in Kombination mit seinem Vornamen, der an eine deutsche Küchengerätefirma erinnerte, brachte ihm das den Spitznamen "der Kühlschrank" ein. Der Kühlschrank machte auf uns alle einen zwielichtigen Eindruck, mein damaliger Chef meinte aber, das seien oft die besten Türöffner. Wie so oft waren die Sprachmittler im Kosovo nicht bloße Übersetzer, sondern auch so etwas wie Kulturbotschafter, die uns oft vor Fehltritten schützen und eben dort Türen öffneten, wo wir es mit bloßen Angeboten von "Mark" - eigentlich ja Euro oder Dollar, nicht vermochten.

Zwielichtige Gesellen waren und sind nun tatsächlich nichts ungewöhnliches in unserem Job, aber der Kühlschrank hatte hier sicher eine Sonderstellung. Er schien sowohl bei den Serben als auch bei den Albanern ein uns aus gehen zu können, wie er wollte, und er konnte aus allen möglichen und unmöglichen Quellen in kürzester Zeit Dinge besorgen, für die die Profi-Logistiker der KFOR Wochen gebraucht hätten. Wie so oft wollten wie daher gar nicht wissen, womit er außer mit der Arbeit für uns seine Brötchen verdiente.

Nach erfolgreichem Projektabschluss gingen wir wie immer alle unserer Wege, und auch wenn wir Monate sehr eng zusammen gearbeitet und teils auch gelebt hatten, ein besondere Interesse den Kontakt zum Kühlschrank aufrecht zu erhalten hatte ich nicht. So traten die Erlebnisse dort schnell in den Hintergrund und neue Themen nahmen ihren Platz ein.

Und so ließ mich eine plötzliche Begegnung mit dem Kühlschrank in einem Zustand zurück, den ich schwer beschreiben kann. Immer, wenn ich nochmal an ihn denken musste oder wenn wir mit den Kollegen mal über ihn sprachen und unsere Witze machten, hatte ich ihn mir aufgrund seiner sozialen Stellung und seines Organisationstalentes als schwerreichen Dorfobermotz in den kosovarischen Bergen zwischen Albanien und Mazedonien vorgestellt. Und nun traf ich ihn, fast 10 Jahre nach unserer Arbeit mit ihm, in einer deutschen Großstadt wieder. Er lenkte dort in sauberer Uniform einen Linienbus, in den ich gerade einsteigen wollte. Unwillkürlich zuckte ich zurück - war er es, war er es nicht? Ich war mir sicher - und ich nahm dann doch den nächsten Bus...



Sonntag, 26. März 2017

Jan unterwegs

Hallo, mein Name ist Jan.

Ich möchte Euch in loser Folge Geschichten aus meinem Leben erzählen. Vielleicht ist das ganz interessant, denn in inzwischen fast 20 Berufsjahren habe ich viele Ecken dieser Welt kennen gelernt und sicher auch manches erlebt, das man vielleicht nicht als "normal" bezeichnen würde.

Mein Job ist es, für meine Auftraggeber Informationen zu beschaffen. Zum Beispiel dann, wenn irgendwo im Ausland ein Bauvorhaben oder eine anderes Projekt starten soll. Macht man das an seinem Heimatort dann kennt man dort die Gesetze, die Örtlichkeiten, die Politiker, die vielleicht darüber entscheiden müssen, und die meisten der Risiken, die das Vorhaben mit sich bringen würde.

Im Ausland ist das oft ganz anders. Hier kommen meine Kollegen und ich ins Spiel. Wir betreiben Gesprächsaufklärung, sehen uns die Situation vor Ort an, lernen die entscheidenden Menschen kennen und bereiten die erlangten Informationen für die Entscheider im Inland auf. Im Grunde genommen sind wir so etwas wie Berater, Controller oder Projektmanager - nur eben manchmal in einem unsicheren Umfeld.

Vor den ersten Beiträgen noch ein kleiner Hinweis: Nicht alles, was ich erlebt habe, ist auch für die Öffentlichkeit bestimmt. Manchmal werde ich daher etwas weglassen, etwas dazu erfinden oder eine Geschichte an einen anderen Ort der Welt verlegen. Ganz sicher werde ihr von mir keine wirklichen Namen, Firmen und Daten erfahren, aber es wird sicher trotzdem spannend ;)

Bis dahin, Grüße,

Jan